Leben und Menschen
Wanderung in eine geheimnisvolle Welt
01.09.2012 -
SZ/BZ: Von unserer Mitarbeiterin Ruth Rentz
Ohne Anfahrwege, am Rande von Sindelfingen, im Sommerhofental, veranstaltete der Schwarzwaldverein Sindelfingen eine ganz besondere Wanderung. Nicht Kilometer, sondern die Insektenwelt stand auf dem Programm.
19 interessierte Wanderer trafen sich erwartungsvoll am Haus Sommerhof. Silke Kluth aus Offenburg, Gartenbau Diplom-Ingenieurin und eine der profiliertesten deutschen Gartenjournalistinnen, wollte in die faszinierende Welt der Käfer, Wanzen, Zikaden oder Heuschrecken entführen.
Es war eine Wanderung der etwas anderer Art – ganz langsam und den Blick stetig nach unten oder auf die Büsche und Bäume gerichtet, ließen sich die Teilnehmer von der Wander- und Naturführerin in ihren Bann ziehen.
Der Mikrokosmos der Sechsbeiner erschließt sich erst auf den zweiten Blick. Bald staunten alle über die geheimnisvollen Gänge in einem Blatt und erfuhren, dass hier Minierer am Werke sind. Genau wie Bergleute unter der Erde bohren sie sich durch die feinen Fasern der Blätter und richten dort mitunter große Schäden an. Und so standen die Wanderer etwas wehmütig unter einer großen Kastanie mit ihren braunen welken Blättern.
Spaziergänger, Wanderer oder Jogger aus Sindelfingen kennen die weitläufige Wiese im Sommerhofental und eilen, wandern oder joggen vorbei. Die Teilnehmer der Insekten-Wanderung aber liefen im Schneckentempo und fanden wonach sie suchten: dicke Brummer und zarte Flieger.
Die Gefühle bei Begegnungen mit Insekten sind zwiespältig. Diese Erfahrung haben die Teilnehmer des Schwarzwaldvereins gemacht: „Wir meiden den direkten Kontakt, weil uns manche Tierchen stechen könnten.“ Und so näherten sich die Sindelfinger unter Anleitung erst vorsichtig, dann neugieriger den zahlreichen Hummeln und Honigbienen auf dem intensiv duftenden Mädesüß. Die nährstoffreiche Feuchtwiese am Rande des Sommerhofenbachs ist reich bewachsen mit diesem Rosengewächs.
Und dort erfuhr man, dass die Hummel ein pelziges Barcode-Muster hat und sich damit unterscheiden lässt. Inzwischen waren alle vom Insektenfieber angesteckt. In mitgebrachten Marmeladengläsern wurden Käfer und Wanzen betrachtet und dann wieder freigelassen. Große Begeisterung bei der Gruppe, als von kundigen Augen eine Skorpionsfliege entdeckt wurde – eines der Lieblingsinsekten von Silke Kluth: „Dieses Tier ist ein echter Typ! Ein männliches Tier, wie die Greifzange am Hinterbein beweist. Mit diesem verlängerten Rüssel saugt es vorverdaute Aaströpfchen auf.“
Von der Wiese ging es wieder in den Wald. Die Gruppe erfuhr, welche geheimnisvollen Zeichen manche Käfer in das Holz schnitzen. Alle Teilnehmer spürten, dass sich die Wanderführerin mit Insekten nicht nur sehr gut auskennt, sondern sie auch liebt und schätzt. Die Bilanz der Teilnehmer: „Mit dem Erkennen und Wissen der Insekten verändern sich auch die Gefühle für die kleinen Lebewesen. Nie wieder wird uns ein „Iiih“ über die Lippen kommen.“
Silke Kluth entführte die Sindelfinger Teilnehmer in die faszinierende Welt der Käfer, Wanzen, Zikaden und Heuschrecken.